Wahl- und Abstimmungsinformationen

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Urnengang vom:

3.April 11

Zürich

Regierungsratswahlen für Eilige

Der unideologisch-urbane Vorschlag

  1. Regine Aeppli, SP (bisher)
  2. Thomas Heiniger, FDP (bisher)
  3. Hans Hollenstein, CVP (bisher)
  4. Mario Fehr, SP (neu)
  5. Martin Graf, Grüne (neu)
  6. Ursula Gut, FDP (bisher)
  1. Martin Graf, Grüne (neu)
  2. Mario Fehr, SP (neu)
  3. Regine Aeppli, SP (bisher)

Der modern-bürgerliche Vorschlag

  1. Thomas Heiniger, FDP (bisher)
  2. Hans Hollenstein, CVP (bisher)
  3. Ursula Gut, FDP (bisher)
  4. evt. Martin Graf, Grüne (neu)

Vom bürgerlich dominierten Regierungsrat treten alle wieder an, mit Ausnahme von SP-Mann Notter. Für dessen Sitz kandidiert der gemässigte SP-Nationalrat Mario Fehr, der problemlos gewählt werden dürfte. Der einzige Kampfkandidat mit dem Hauch einer Chance ist Martin Graf, Stadtpräsident von Illnau Effretikon, der dem konservativeren Landflügel der Grünen angehört. Viel Auswahl bietet sich damit nicht.


Regierungsratswahlen für Fortgeschrittene

Der Kanton Zürich ist bürgerlich. So hat in der Ersatzwahl 2009 der SVP-Mann Stocker den bekannten SP-Nationalrat Jostisch in einer Erstazwahl mit 30’000 Stimmen geschlagen. Allerdings waren bei den Regierungsratswahlen 2007 die beiden SVP-Vertreter auf den letzten Plätzen. Dem grünen Martin Graf fehlten damals rund 2000 Stimmen für einen Sitz. Sollte Graf diesmal gewählt werden, dürfte sein Sitz auf Kosten der SVP gehen. Deshalb sollte man auf jeden Fall Graf und den neukandidierenden Mario Fehr (SP) auf seinen Zettel setzen.

Ansonsten setzt sich der Regierungsrat weitgehend aus Pragmatikern zusammen, die FDP-Regierungsräte sind sehr viel aufgeschlossener als die Zürcher FDP-Nationalräte, die beiden SP-Kandidaten gehören eher zum liberalen Parteiflügel. Der grüne Graf wiederum ist ein konservativer Landgrüner, was bei der Wahl helfen mag.

Mehr zu den einzelnen Kandidaten


Kantonsratswahlen für Eilige

Wer’s eilig hat steckt die Liste einer Partei, die einem entspricht, ins Wahlcouvert.

Zu den einzelnen Parteien

SP, Liste 02: Die SP setzt sich konsequent für grüne und soziale Anliegen ein. Sie politisiert zuweilen wirtschaftlich pragmatisch, in Schulfragen fortschrittlich. (SP Zürich)

FDP, Liste 03: Die FDP kümmert sich um Anliegen der Wirtschaft und kämft gegen Steuern und hohe Ausgaben. Mit einem Schuss Populismus kämpft sie neuerdings gegen Bürokratie in allen Staats- und Lebenslagen. Zustande gebracht hat sie eine Initiative „zur Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten“. Vermehrt engagiert sich die FDP auch in Sachen Umwelt,etwa mit einer Initiative zur Erleichterung der Energiesanierung von Liegenschaften. (FDP Zürich)

CVP, Liste 05: Die CVP politisiert als Mittepartei. Sie ist durchaus bürgerlich, hat aber ein Gehör für soziale oder ökologische Anliegen. Sie profiliert sich mit Vorstössen für familienfreundliche Massnahmen. (CVP Zürich)

Grünliberale, Liste 07: Die Grünliberalen sind eine Abspaltung der Grünen und sehen sich als betont bürgerliche Öko-Partei, die sich in in Sachen Sparen oft mit der SVP zusammen tut und sich rechts der FDP positioniert. Äusserst konservativ sind sie in Schulfragen, die GLP gehört auch zu den Parteien, die Bürger gerne bevormunden. Sie leben bislang nach wie vor von ihren beiden profiliertesten Mitgliedern: Der Ständerätin Verena Diener und Nationalrat Martin Bäumle. (Grünliberale)

Grüne, Liste 04: Die Grünen sind nicht nur öko, sondern auch konsequent links: Im Zweifelsfall immer für soziale Anliegen, höhere Steuern und gegen Wirtschaftsinteressen. Das hat dazu geführt, dass der Flügel mit Verständnis für Unternehmer sich als Grünliberale abgespalten hat. Bei den Grünen gibt es sowohl urbane Geister, die für eine lebendige Stadt einstehen, als auch Verbotsgrüne. Gespalten sind die Grünen auch in Bildungsfragen. Erfolgreich haben die Grünen mit der SVP das neue Justiz- und Polizeizentrum versenkt. (Grüne Zürich)

Alternative, Liste 09: Liste Die AL ist die Linksaussenpartei, die so wenig kompromissbereit ist, dass sie sich auch immer mal wieder zusammen mit der SVP im selben Boot findet. Die AL steht ein für Mieterinteressen, Ausländer, Schwule und Lesben. Oft ist sie die einzige Partei, die sich für liberale Grundrechte des Individuums (mit Ausnahme der Eigentumsgarantie) und gegen repressive Staatsmacht engagiert. Sie hat wenig Verständnis für die Interessen von Unternehmen, Automobilisten und kämpfte dafür, dass Sonntagsverkäufe in Bahnhöfen weitgehend verboten worden wären. Einen grossen Erfolg erzielte die AL 2009 mit der Volksinitiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung im Kanton Zürich. (Alternative Liste)

Piratenpartei, Liste 11: Die Piratenpartei tritt nur in der Hälfte der Wahlkreise mit eigenen Listen an. In der Stadt Zürich in den Wahlkreisen II (Stadtkreise 3/9), III (Stadtkreise 4/5), IV (Stadtkreise 6/10) und VI (Stadtkreise 11/12). Ob sie irgendwo die 5-Prozent-Hürde schafft, ist offen. Die kantonale Partei gibt es offiziell gerade mal seit rund 5 Monaten und sie tritt nur mit Männern an. Die Piratenpartei kämpft für die digitalen Rechte der Bürger und gegen den Überwachungsstaat. Sie verweigert sich dem Links-rechts-Schema und fordert Kommunikation als Grundrecht, Transparenz in der Politik (zum Beispiel bei der Parteienfinanzierung). Sie setzt sich ein für offene Programme, Protokolle und Formate. Einen Sitz hat sie bisher im Winterthurer Stadtparlament. (Piratenpartei)

BDP, Liste 13: Erstmals beteiligen sich die BDP (Bürgerlich-Demokratische Partei). Sie ist die liberalere, offenere Abspaltung von der SVP und die Partei von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie tritt in 16 der 18 Wahlkreisen mit eigenen Listen an. Bekannte Köpfe hat sie im Kanton nicht – mit Ausnahme ihres Parteipräsidenten, des Dübendorfer Stadtpräsidenten Lothar Ziörjn. Offen ist, ob die BDP die fünf Prozent Hürde schafft. (BDP Zürich)


Kantonsrat für Fortgeschrittene

Man wählt eine Partei-Liste aus, die einem einigermassen entspricht. Von der Liste kann man jeden Namen wieder streichen. Man ersetzt einen gestrichenen Namen mit einer Person, die man besonders gut findet und doppelt drauf haben will. Das kann jemand von der gleichen Liste sein. Oder von einer anderen Liste. Achtung: Man darf nur Namen aus dem eigenen Wahlkreis auf die Liste schreiben. Das heisst, man kann nur Leute wählen, die auf einer der Listen aus dem Wahlcouvert stehen.

Das Problem: Nur wenige Leute auf den Zetteln haben überhaupt eine Chance, gewählt zu werden. Das heisst, es kann einem passieren, dass man einen bunten Hund wählt, die Stimme aber an einen konservativen Gewerkschafter geht, oder dass man eine urbane Freisinnige wählt und statt dessen einen verknorzten Biedermann kriegt. Faustregel: Nur die Leute ganz oben auf einer Liste haben eine Chance. Die andern sind Füllmaterial, das zu wählen sich nicht lohnt.

Über einzelne Kandidaten kann man sich auf SmartVote informieren. Das Problem an SmartVote: Man erhält Kandidaten, die oft nicht wirklich zur Wahl stehen, weil sie nicht den Hauch einer Chance haben. Ausserdem: Wenig aussagekräftig ist die Grafik, man sollte sich also die Zeit nehmen und nachsehen, wer was auf welche Fragen antwortet.

Wen wir für den Kantonsrat empfehlen

Wahlkreis I (Stadtkreise 1/2)

Empfehlen möchten wir auch dieses Mal, Urs Laufer (FDP, bisher) auf die Liste zu nehmen, der zu den aufgeschlossenen und sozial verantwortungsbewussten FDP-Köpfen gehört. Bei der SP tritt Andrew Katumba (Listenplatz 4) an, damit hat er wohl keine Wahlchancen, ein Zeichen setzen könnte man aber trotzdem.

Wahlkreis III (Stadtkreise 4/5)

Der bisherige SP-Mann Martin Naef gehört zu den aufgeschlossenen Kräften. Bei den Grünen tritt Gabi Petri wieder an, die (auch als VCS-Vertreterin) eine klare Verhinderungs- und Verbotspolitik befürwortet. Für die AL tritt ihr Aushängeschild Markus Bischoff wieder an, ein erfahrener Politiker, der sich Beachtung quer durch alle Reihen verschafft hat.

Wahlkreis V (Stadtkreise 7/8)

Bei der SP tritt Raphael Golta wieder an. Er ist inzwischen Fraktionsschef und macht einen guten Job. Für die Grünen würden wir deren Fraktionschefin Esther Guyer, die zum aufgeschlossenen Flügel der Partei gehört, gerne wieder im Rat sehen.


Kantonsrat: Das ist beim neuen Wahlsystem zu beachten

Der Kantonsrat wird zum zweiten Mal nach neuem Modus gewählt. Früher waren die kleinen Parteien gegenüber den Grossen (SP, SVP) benachteiligt. Jetzt wird die Sitzzahl der Parteien nicht mehr in jedem Wahlkreis für sich festgelegt, sondern in einem ersten Schritt entsprechend dem Wähleranteil einer Partei für den ganzen Kanton bestimmt. Erst in einem zweiten Schritt werden diese Sitze dann für jede Partei auf die einzelnen Wahlkreise verteilt. Das heisst: Keine Stimme für eine Partei, die irgendwo im Kanton abgegeben wird, geht mehr verloren. Wer in einem Wahlkreis zu Hause ist, in dem seine Lieblingspartei eigentlich keine Chance auf einen Sitz hat, kann diese trotzdem wählen. Die Stimme fliesst in den “kantonalen Topf” und verhilft der Partei allenfalls in einem anderen Wahlkreis zu einem Sitz. Abgeschafft wurden auch die Listenverbindungen. Diese hatten das Wählen undurchsichtig gemacht und das Resultat verfälscht. Damit eine Partei überhaupt in den Kantonsrat kommen kann, muss sie aber zumindest in einem der insgesamt 18 Wahlkreise im Kanton einen Wähleranteil von mindestens 5 Prozent erreichen.Offen ist der Fall bei der Piratenpartei, die neu antritt.

Das Problem, das bleibt: Man kann Parteien wählen, kann aber kaum Einfluss nehmen, welche Personen dann tatsächlich ins Parlament kommen. Ausserdem sind Prognosen äussert schwierig geworden, weshalb wir kaum mehr einzelne Kandidaten herausheben.


Kommentar zu den Kantonsratswahlen

Ein Wort in aller Offenheit. Wir machen votez.ch, weil wir noch immer finden, es sei richtig und wichtig, wählen zu gehen. Als Trüppchen, das sich in Kernthemen findet und in anderen unterscheidet, verbindet uns auch: Wir haben allesamt selber grösste Mühe mit den Kantonsratswahlen. Selbst wer in Homepages und in Interviews nach politischen Inhalten sucht, findet meist nur Allgemeinplätze und Blabla. Die meisten Kandidaten drücken sich um klare Aussagen. Wir informieren uns vor allem über Medien. Die zunehmende Personalisierung macht es aber immer schwieriger, sich vernünftig über die politischen Prozesse ins Bild zu setzen. Seit die NZZ ihr Kantonsratsprotokoll abgeschafft hat, gibt es keine einfache Möglichkeit mehr, heraus zu finden, wer wofür steht. Und liest man die Porträts der Regierungsratskandidaten im Tagi, so stösst man vor allem auf Charakterkunde, kaum aber auf politische Inhalte, was symptomatisch ist für die Zürich-Berichterstattung des Tagi.

Nach wie vor gibt es keine Partei, die sich urbanen, weltoffenen, hedonistischen und unideologischen Wählern annehmen würde. Das System mit den kleinen Wahlkreisen führt dazu, dass man kaum etwas auszuwählen hat. So landet die Stimme, die man der aufgeschlossenen Grünen gibt, je nachdem bei ihrem vernagelten Parteikollegen. Oder die Stimme für den modernen FDPler landet bei einem Hardliner.