Urnengang vom:
29.März 09
Ledergeber tritt zurück, es braucht einen neuen Stadtpräsidenten. Der Stapi repräsentiert, ist Chef der Kultur, hat aber nicht mehr zu sagen, als andere Stadträte. Wer unterliegt, ist Chefin vom Hochbaudepartement.
Zur Wahl stehen:
Corine Mauch, SP, 48, Agraringenieurin und Politikwissenschafterin, Fraktionschefin im Gemeindeart, in der Politik tätig. Sie lebt mit ihrer Partnerin, die bislang den Popbereich der Stadt geleitet hat, in Unterstrass. Sie kommt aus einer SP-Familie, Ledergeber leitete mit ihrem Vater ein Umwelt-Büro und soll ihr Götti sein.
Kathrin Martelli, 56, FDP, die seit Jahren im Stadtrat sitzt und das Hochbaudepartement leitet. Sie ist Mutter und lebt mit Mann im Seefeld. Martelli führt seit vielen Jahren erfolgreich ihr Deparement und hat immer wieder Profil bewiesen, besonders in dem sie sich weigerte, mit SVP-Hardlinern gemeinsam Wahlkampf zu machen.
Beide Kandidatinnen gelten als kompromissfähige Figuren, die Unterschiede sind nicht allzu gross und wegen knapper Finanzen, sind in der Kultur keine grossen Sprünge möglich.
Erfreulich ist, dass man zwei Kandidatinnen hat, die man beide guten Gewissens wählen kann. Oft wählt man, um schlimmere Kandidaten zu verhindern. Das ist hier nicht der Fall. Helfen kann bei der Wahl, wenn man weiss: Der Stapi in Zürich ist nicht der Chef der Stadtregierung, sondern nur ihr Repräsentant. Es geht also nicht um eine Richtungsfrage.
Sondern um die Frage: Wer soll das Baudepartement und wer das Kulturdepartement leiten. Corine Mauch kommt aus einer Öko-Ecke und hat sich im Wahlkampf auf die frühere SP-Stadträtin Koch bezogen. Koch hat Druck auf Bauherren ausgeübt, um mehr Öko, weniger Geschosse und mehr Gestaltungsmacht für Beamte raus zu holen. Hausbesitzer und Architekten fahren also besser, wenn Mauch als Stapi für Kultur, und die liberalere Martelli weiterhin für den Hochbau zuständig ist. Umgekehrt gilt: Wer für strenge Ökoauflagen ist, pfeift auf die Kulturverwaltung, wählt Martelli als Stapi und hofft auf Mauch im Hochbaudepartement.
Mit teilweise hanebüchen peinlichen Aussagen, haben sich die Medien über die Absenz von Wahlkampf aufgeregt. Der Vorwurf fällt auf die Medien selber zurück, die bloss gladiatorhaftes Wahlkampfspektakel wollen, von realer Zürcher Politik aber gar nix kapieren. Martelli ist eine Vertreterin der Politik der Vernunft, die FDP und SP über viele Jahre zu Kompromissen gebracht hat. Mauch, so weit man weiss, ist keine Hardlinerin und vertritt den gleichen, klugen Kompromisskurs. Realpolitisch gesehen ist der Hochbau eher das Departement, in dem man Weichen stellen kann, bloss symbolisch gewinnt die Partei, die den Stapi stellt, denn als Kulturchef lässt sich nur wenig bewegen. All die Medien-Fragen also, nach der Verkehrspolitik oder der Wohnungspolitik der neuen Stadtpräsidentin, sind sinnlos, weil ein Stapi darüber nicht zu entscheiden hat. Die wirklich interessanten Fragen wurden leider nie gestellt: Etwa, ob sich Mauch oder Martelli gegen die repressive SP-Polizeichefin Maurer stellen würde, so wie Ledergeber das tat, als Maurer das Sommerferst der Kunstszene im Löwenbräu zu verhindern versuchte.