Urnengang vom:
23.Oktober 11
Gegen die zwei bisherigen Verena Diener (GLP) und Felix Gutzwiller (FDP), tritt SVP-Boss Blocher an. Verhindern lässt sich Blocher nur mit der Diener und dem aufgeschlossenen FDPler Gutzwiller.
Felix Gutzwiller (FDP), 63, hat gute Chancen, wieder gewählt zu werden. Allerdings ruft die SVP dazu auf, ihn nicht zu wählen. Der Präventivmediziner war eine treibende Kraft bei der Einführung der Heroinabgabe und setzte sich ein für die Entkriminalisierung des Kiffens. Ansonsten weibelt er für Rauchverbote und steht der Pharmaindustrie sehr nahe. Wirtschaftlich ist Gutzwiller stramm bürgerlich.
Verena Diener (Grünliberale), 62, steht für eine grüne Politik, die sich marktwirtschaftlicher Instrumente bedient. Gegen sie spricht ihr Hang zum Gouvernantenstaat (Velohelmobligatorium) und zu Repression (Arbeitseinsatz für junge Säufer).
Thomas Hardegger (SP), 55, ist ein erfahrener Kantons- und Gemeindepolitiker, gilt als freundlicher Sachpolitiker und immer brav auf Parteilinie. Ursprünglich Lehrer, ist er heute vor allem Politiker.
Balthasar Glättli (Grüne), 39, kommt vom linken gewerkschaftlichen Flügel. Der umtriebige Glättli setzt sich ein für Flüchtlinge, für die Rechte des Individuums und hat sich in Zürich öfters für eine lebendige Staat und gegen die Polizeirepression eingesetzt.
Urs Hany (CVP), 56, kämpft mit der Ständeratskandidatur vor allem um Aufmerksamkeit für seine Partei und um seinen Nationalratssitz. Der Bauunternehmer hat sich bisher in erster Linie als Verkehrspolitiker engagiert. Von ihm stammt etwa der Vorstoss, den Preis der Autobahnvignette auf 100 Franken zu erhöhen. Ansonsten ist er ein typischer Mitte-Vertreter, der auf alle Seiten schaut.
Alle weiteren Kandidaten sind völlig chancenlos und treten nur an, um für ihre Nationalratslisten Reklame zu machen.
Im ersten Wahlgang braucht es eine Mehrheit aller Stimmenden. Deshalb dürfte es zu einem zweiten Wahlgang kommen, in dem gewinnt, wer am meisten Stimmen hat. Viele Linke wollen im ersten Wahlgang Glättli (Grüne) und Hardegger (SP) wählen, um ein “Zeichen zu setzen”. Weil der Kanton mehrheitlich bürgerlich ist, haben beide keine Chance. Falls Glättli oder Hardegger ähnlich viele Stimmen wie Diener machen, droht aber Gefahr, dass einer noch einmal antritt. Schon bei der Ersatzwahl in den Regierungsrattrat der bekannte SP-Nationalrat Jositsch explizit an, um Bäumle von den verhassten Grünliberalen zu verhindern. SP-Jositsch verlor deutlich gegen einen wenig bekannten SVP-Mann.
Es sollte bei den Ständeratswahlen weder um folgenfreies Zeichensetzen gehen, noch darum, der GLP eins auszuwischen. Es geht darum, Ständerat Blocher und einen weiteren SVP-Sitz zu verhindern.
Eine (und nur eine!) der folgenden Listen auswählen und ins Wahlcouvert stecken:
Nur diese Listen kommen für urbane Wähler in Frage. Die anderen sind entweder stockkonservativ, Aussenseiter ohne Chancen oder Marketinggags der grossen Parteien.
Liste 2, SP: Die Zürcher Delegation der SP war in den letzten Jahren ziemlich gewerkschaftskonservativ und verknöchert. Daraus ergab sich eine eher uninspirierte Politik unter dem Banner sozial & öko. Mit einigen neuen Namen auf der Liste könnte sich daran etwas ändern.
Liste 3, FDP: Die Zürcher Delegation steht weit rechts und ist ein Instrument der grossen Firmen. Der FDP-Kampf gegen Bürokratie ist bislang nur ein Schlagwort. Und die FDP hat zu verantworten, dass ohne Volksentscheid fünf Milliarden für Militärjets verlocht werden. Und dass ihr Bundesrat Merz das Volk angelogen hat, um den Grosskonzernen acht Milliarden Steuergelder zuzuschanzen. Geld, das dann bei Bildung, SBB oder der Kultur fehlt.
Liste 4, Grüne: Die Grünen politisieren konsequent links, haben keinerlei Gehör für die Bedürfnisse der Wirtschaft, wirken aber sehr viel beweglicher als die grosse Schwester SP.
Liste 5, CVP: Die CVP positioniert sich als Mittepartei mit - je nach Thema - Schwankungen nach rechts und links, die wechselnde Allianzen schmiedet. Sie ist wirtschaftsliberal, hat aber ein Gehör für ökologische und soziale Anliegen und steht ein für die Unterstützung von Mittelstand und Familien (allerdings auf der Basis eines klassischen Familienbildes).
Liste 6, Grünliberale: Die Abspaltung der Grünen ist ökologisch, wirtschaftsfreundlich und finanzpolitisch konservativ. Dabei ist sie öfters rechts von der FDP.
Liste 10, Piratenpartei: Die Piratenpartei setzt sich für die Rechte des Individuums gegenüber dem Staat ein, insbesondere in Sachen Internet. Ansonsten ist sie schwierig zu fassen.
Liste 24, Alternative: Die AL ist konsequent und immer links. Konkret geht es darum, ob sie Ex-Mieterverbandspräsident Niklaus Scherr (2401) in den Nationalrat bringt. Scherr ist auch ein Vertreter der Rechte des Individuums gegenüber der Staatsgewalt.
Politisch interessant sind selten Listen, sondern konkrete Köpfe. Allerdings nur solche, die auch gewählt werden können, d.h. die einigermassen realistische Wahlchance haben. Einfluss nehmen kann man, indem man die Listen verändert. Dabei gibt es zwei Wege:
Kumulieren: Man kann jemanden von der Liste streichen und dafür einen anderen Namen von derselben Liste nochmals drauf schreiben. So erhält ein genehmer Kandidat zwei Stimmen.
Panaschieren: Man kann auf einer Liste Namen streichen und durch einen Kandidaten einer anderen Liste ersetzen, den man einmal oder zweimal draufschreibt.
Achtung: Neben dem Namen der Kandidaten, die Zahl, die links von ihm steht, dazu schreiben.
Konkret gibt es zwei Gründe, eine Liste zu ändern. Man nimmt einen Kandidaten mit guten Chancen und hofft, dass er auf Kosten eines anderen Kandidaten reinkommt. Oder man wählt jemanden, damit er oder sie das nächste Mal einen sicheren Listenplatz erhält.
Liste 2, SP: Die SP hat vor vier Jahren 3 von 10 Sitzen verloren. Diesmal sollte ein solcher Aderlass ausbleiben. Nach wie vor hat es einige altgediente VertreterInnen auf der Liste. Gerade ein gewiefter Aussenpolitiker wie Andreas Gross (02046) tut der SP aber weiterhin gut. Ebenso zwei in aussichtsreicher Position platzierte Neue: Jacqueline Badran (02054) versteht etwas von kleinen Unternehmungen und Untergrundkultur und Martin Naef (02070), der ehemalige Kantonalpräsident. Wohl noch keine Wahlchancen hat die junge Rosmarie Joss (02100), die sich im Kantonsrat als Finanzpolitikerin aber bereits gut eingeführt hat.
Liste 3, FDP: Die FDP wird kaum mehr als ihre bisher vier Sitze machen. Streichen sollte man Filippo Leutenegger (03034), der besser in die SVP passen würde, und Doris Fiala (03026), die ebenfalls weit rechts politisiert. Stimmen verdient Ruedi Noser (03018), der zum liberalen Flügel der Partei gehört und Wikileaks gegen die PTT verteidigte. Gerne im Nationalrat sähen wir auch Carmen Walker Späh (03050) und Beat Walti (03069) vom liberalen Flügel. Allerdings: Man kann davon ausgehen, dass Ruedi Noser, der an der Spitze der Liste steht, sowieso gewählt wird. Späh und Walti haben diesmal keine grosse Chance, so dass man sie besser zwei Mal auf einer anderen Liste wählt, im Hinblick auf die nächsten Wahlen. (Siehe “Panschieren”.)
Liste 4, Grüne: Der grünen Fraktion täte ein urbaner Geist wie Balthasar Glättli (04065) gut. Allerdings hat Glättli keinen Sitz auf sicher. Deshalb empfehlen wir: Die wenig bekannte Ornella Ferro (04057) zu streichen und Glättli zwei Mal auf die Liste zu schreiben. Ebenfalls nach Bern gehört der 68er Daniel Vischer (04022), der ein gewiefter Politiker und vom hedonistischen Flügel der Grünen ist.
Liste 5, CVP: Die CVP hat vor vier Jahren einen Sitz dazu gewonnen. Jetzt muss sie darum kämpfen, die drei Sitze zu verteidigen. Die drei Spitzenkandidaten stehen für eine sozialliberale, bürgerliche Mittepolitik.
Liste 6 GLP: Die Abspaltung der Grünen ist ökologisch, wirtschaftfreundlich, in Fragen der Freiheit des Individuums aber oft das Gegenteil von liberal. Ausser ihrem Gründer Martin Bäumle (06017) war im Nationalrat von der GLP wenig zu hören.
Liste 10, Piratenpartei: Die Piratenpartei könnte vom Wahlerfolg ihrer Schwesterpartei in Berlin profitieren. Die Piratenpartei braucht es, weil bislang kaum eine Partei sich für die Rechte des Einzelnen im Internet stark macht und den Lobbyisten der Plattenindustrie und Internetkonzerne entgegen tritt.
Liste 24, Alternative: Die AL hat mit ihren Listenverbindungen eine Chance, dass sie Niklaus Scherr (24015) in den Nationalrat bringen könnte. Der Ex-Mieterverbandspräsident ist ein gewiefter Altpolitiker, der streng links und öko politisiert, in juristischen Fragen aber eine liberale Position zugunsten des Einzelnen einnimmt.
Achtung: Obwohl Alternative Liste und Piratenpartei eine Listenverbindung haben, ist es nicht klar, ob es überhaupt zu einem Sitz reicht. Voraussetzung wäre, dass die Piratenpartei gegenüber den Kantonsratswahlen etwa ein Prozent gut macht. Das heisst, wer Alternative oder Piraten gewählt sehen will, schmeisst seine Liste möglichst unverändert ein.
Ausgangsliste ist die Liste 24 Alternative oder 10 Piraten. Darauf zwei Namen streichen und dafür Balthasar Glättli (04065) von den Grünen einsetzen, damit wenigstens der ins Parlament kommt, wenn es den Piraten oder der AL nicht reicht.
Ausgangsliste ist die Liste 5 CVP. Grund: Nach den Wahlen geht die Debatte in der FDP los, ob sie verliert, weil sie zu sehr Klientelpolitik für die Grosskonzerne macht und sich um den Mittelstand foutiert oder ob sie mit der SVP gemeinsame Sache machen soll. Die Stimmen für die CVP sind da ein Fingerzeig.
Zwei Namen streichen und Ruedi Noser (03018) von der FDP auf die Liste setzen, weil Noser für die liberal-moderne FDP steht. Eventuell ergänzen, durch Beat Walti (03069) und Carmen Walker Späh (03050).
Irgendeine Liste nehmen, die einem gefällt. Darauf zwei Mal…
Bei Smartvote kann man einen politischen Fragebogen ausfüllen und beantworten und erhält dann passende Kandidaten. Das Problem: Oft haben die vorgeschlagenen Kandidaten keine Chance. Man wirft also seine Stimme weg. Oder man wählt z.B. einen liberalen Freisinnigen von hinten auf der Liste und stärkt damit einen SVP-Freisinnigen. Gut ist Smartvote, wenn man mehr über die Antworten zu konkreten Fragen einzelner Politiker erfahren will, deshalb haben wir überall Direkt-Links zu den Politiker-Profilen hinterlegt.
In verschiedenen Kantonen greift die SVP an, um Ständeratssitze zu erobern. In Zürich kandidiert Blocher selber, und er schmeisst in der ganzen Schweiz massive Mittel in den Wahlkampf, weil er seine Abwahl nicht verwunden hat. Ziel der SVP ist ein zweiter Bundesratssitz.
Entscheidend für diesen Sitz ist, ob man sich zu arithmetischer oder inhaltlicher Konkordanz bekennt. Arithmetische Konkordanz heisst, dass der Bundesrat gemäss der Wählerstärke der Parteien zusammen gesetzt ist. Inhaltliche Konkordanz heisst, dass nur in den Bundesrat gewählt wird, wer sich an einen Minimalkonsens hält. So kam die SP trotz grosser Wählerstärke erst in den Bundesrat als sie sich zur Armee bekannte. Und es ist nicht einzusehen, warum nach dem gescheiterten »Experiment Bundesrat Blocher« noch einmal ein neuer Querschläger von der SVP gewählt werden sollte.
Allerdings dürfte die FDP weiter verlieren, womit sich der Druck erhöhen wird, dass sie einen Sitz abgibt. Widmer-Schlumpf dürfte wieder gewählt werden (von Mitte und links), und gut möglich ist, dass sie nach den Wahlen auch eine solide Parteibasis erhält, weil BDP und CVP fusionieren. Zulegen dürften die Grünliberalen, eventuell auch Grüne und SP. Will man also, gemäss der Tradition einer inhaltlichen Konkordanz, die SVP vorläufig draussen halten, müssten sich Grüne und Grünliberale auf einen gemässigten Kandidaten einigen und - zulasten der FDP - einen Öko-Bundesrat als Vertreter der grün-linken und grünliberalen Wähler fordern.