Wahl- und Abstimmungsinformationen

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Urnengang vom:

14.Juni 15

Bund

Bundesbeschluss Änderung Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich

Paare, die keine Kinder kriegen können oder schwer erbrank sind, sollen neu mehr Möglichkeiten haben, vor der Implantation künstlich befruchtete Embryonen untersuchen zu lassen. Das gilt schon in den meisten Nachbarländern. Dagegen sind die Frömmlerparteien EDU und EVP sowie die SVP. Grüne, GLP, FDP und selbst die CVP votieren für ein Ja. Al und SP enthalten sich ohne stichhaltige Argumente.

Stipendieninitiative

Wer finanziell schwach ist, aber auf eine Fachhochschule oder an die Uni will, wird heute - je nach Kanton - völlig unterschiedlich unterstützt. Wenn überhaupt. Deshalb soll das neu der Bund regeln.Und dafür sorgen, dass die Schweiz genügend Fachleute ausbildet. Die Gegner sagen: Schon jetzt gibt es Harmonisierungsbestrebungen. Die Kantone wüssten besser, wer wie zu unterstützten sei. Die Kosten seien zu hoch. Allerdings: Bildung ist der Rohstoff der Schweiz, und die Unterschiede zwischen den Kantonen sind nicht einzusehen. Für ein Ja sind Linke und Grüne, für ein Nein die Bürgerlichen inkl. GLP.

Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)

Viele Kantone haben Erbschaftssteuern abgeschafft. Wo es sie noch gibt, variieren sie stark. Deshalb soll neu der Bund Erbschaften über 2 Millionen und Schenkungen über 20’000 Fr. einheitlich mit 20% besteuern. Das Geld ginge zu ⅓ an die Kantone, zu ⅔ an die AHV. Das Pro-Lager sagt: Jede andere Einnahme ist besteuert, nur gerecht also, wenn auch hohe Erbschaften etwas beitragen. Gemildert würde ausserdem die starke Ungleichheit bei den Vermögen. Gegner beklagen den Verlust kantonaler Steuerhoheit, den möglichen Wegzug Superreicher und die heute schon starke Belastung grosser Vermögen. Und: Familienunternehmen kämen unter Druck. Wobei vorgesehen ist, dass tiefere Steuern anfallen, wenn ein Erbe den Betrieb 10 Jahre weiter führt. Die Linke ist für ein Ja, die Bürgerlichen für ein Nein.

Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG)

Mit einer Abgabe finanziert die Bevölkerung Radio- und Fernsehen mit, wobei vor allem die deutsche Schweiz den zahlenmässig schwächeren Tessinern und Romands unter die Arme greift. Jetzt wird die Erhebung vereinfacht, Haushalte zahlen statt 460 nur noch 400 Franken. Dafür zahlen Betriebe mit mehr als einer halben Million Umsatz die Abgabe. Mit völlig irren Argumenten (1’000 Franken-Abgabe!) versuchen die Gegner zu vernebeln, dass es für fast alle billiger wird. Und: Abgestimmt wird nicht darüber, ob man das SRF-Programm mag und auch nicht, ob es die Abgabe gibt, sondern nur, wie die Abgabe künftig erhoben wird. Ja sagen SP, Grüne, AL, CVP und BDP und selbst der Wirtschaftsverband Economiesuise. Nein: FDP, SVP, GLP und der Gewerbeverband.


Anita Fetz ins Poesialbum gestanzt

Beim Bund steht eine wichtige Abstimmung an: Die Anpassung der Gebührenerhebung für die SRG. (Die Erbschaftssteuer hat eine so massive Gegenkampagne interessierter Kreise provoziert, dass sie nicht den Hauch einer Chance hat.) Eigentlich geht es bei der SRG-Vorlage bloss um eine technische Modernisierung sowie einen Abbau unnützer Bürokratie. Deshalb ist selbst der Gross-Wirtschaftsveband Economiesuisse als auch der Kleine-Gewerbeleute-Wirteverband für ein Ja. Warum also der grosse Aufschrei? Weil es nicht um die Vorlage geht. Sondern darum, die SRG sturmreif zu schiessen.

Von zwei interessierten Seiten: Einerseits den Verlegern, die hoffen, ohne SRG würden sie weniger unter dem technologischen Strukturwandel leiden. Dream on, folks. Andererseits frohlocken Blocher, Tettamanti und Co., die an einer Berlusconisierung der Schweizer Medien werkeln.

Die helvetische Medienlandschaft ist ja seit langem praktisch durchs Band bürgerlich. Der Angriff der Nationalkonservativen zielt deshalb auf eine markante Verschiebung hin zur SVP-Welt. BaZ wie Weltwoche haben Blocher & Co. schon in Besitz und auf Kurs gebracht. Um ein Haar hätte ein Blocher-Mann auch die NZZ übernommen, und die sogenannten „Freunde der NZZ“ etwa SVP-Banker Thomas Matter oder der Blocher-Adept und Milliardär Philipp Gaydoul arbeiten nach wie vor daran, dass man die NZZ, die ja weiss Gott ein solide bürgerliches Blatt ist, komplett auf SVP-Kurs trimmt. Die grosse Ausnahme, der Tagesanzeiger, der immer wieder linksliberale Chefredakteure hatte, schlug sich unter dem politischen Irrlicht Strehle für die Masseneinwanderung in die Bresche. Und wohin der designierte Tagi-Chefredakteur Rutishauser geht, sieht man bei der Sonntagszeitung, die Rutishauser leitet. Nachrichtenchef wurde ein stramm rechter Weltwoche-Mann. Da, wo früher de Weck und später Schawinski kolumnierten, predigt heute der Blocher-Mann Konrad Hummler. Als Gegengewicht publizieren —auf weniger Platz— wechselnde politische Leichtgewichte. Das Tagesanzeiger-Magazin, das früher einmal Meinungstaktgeber war, ist heute —abgesehen vom Kolumnisten— politisch irrelevant. Kein Wunder, der ehemalige McKinsey Mann und Tamedia Verleger Pietro Supino setzt nicht nur knallharte Renditeziele durch, sondern redet auch überall mit, auf dass die Chefredakteure besingen lassen, was ihm frommt. Die letzte Annabelle-Chefredakteurin setze seine Verlegerheit vor die Tür, weil die nicht nur für Make-up, sondern —in alter Annabelle-Tradition— auch für abstimmungsrelevante Frauen-Anliegen trommelte.

Beim Blick hat mit dem ehemaligen Wirtschaftschef René Lüchinger, ein Missionar das Steuer übernommen, der glaubt, man müsse die Schweiz vor der Linken retten. Gegengewichte gibt es kein. Weder WoZ noch Tageswoche noch Sonstwas wären auch nur annähernd brauchbar genug, um gegen halten zu können. Kurzum, die Vorstellung, dass auf einem derart kleinen Markt wie der Schweiz, verlässliche, solide und faire Information von den Privaten erbracht würde, ist ein Witz. Und wer’s genauer wissen will, findet im Ausland genügend schlagende Beispiele, dass der freie Medienmeinungsmarkt meist eine Mär ist.

Nun gibt es noch eine dritte Gruppe, die die SRG hasst: Wir. Wahrscheinlich: Wir alle. Ob es die debilen Unterhaltunsshows sind oder das kreuzbrave Programm. Ob wir uns über die SVP-Anbiederung in Form der pseudohistorischen Geschichtssendungen ärgern oder ob wir schäumen, weil eine Kanaille in der Samstagsrundschau vom neuen Natinonalbankpräsidenten wissen will, was er gerne isst und was nicht. Ob wir die SRG verdammen, weil das einst rebellische DRS3 heute wie jedes Deppenradio klingt oder weil das Regionaljournal Zürich vor der Wahl den Regierungsratskandidaten Heiniger endlos zu seinem Hobby Sport statt zu Politik befragt, jedes mal schreit es innerlich: Wofür zahle ICHICHICH, der Konzessionszahler, eigentlich all diese Leute! Mit meinem Geld! Denn ganz besonders finde ICHICHICH! Kommt dazu: Schon lange hat man, wie viele Bekannte, weder TV-Apparat noch Radio.

Der Zorn auf SRF hat seine guten Gründe, aber wer auch nur einen Funken politischen Verstand hat, weiss, dass die Medienlandschaft und der Service Public nicht besser werden, wenn der scheinheilige Angriff auf die Modernisierung der Gebührenerhebung an der Urne triumphiert.