Urnengang vom:
18.Oktober 15
Beide Bisherige treten ab. Auf jeden Fall gewählt werden dürfte Ruedi Noser, FDP. Die Frage ist: Wie verhindert man Ueli Vogt (SVP), Blochers Mann für grobe Juristerei. Die grösste Chance dürfte Daniel Jositsch (SP) haben.
Noser ist ein Selfmade-Man und IT-Unternehmer, der als Vizepräsident die FDP offener, jünger und urbaner machen wollte. Wirtschaftlich ist er ein strammer Bürgerlicher, der für Irritation sorgte mit seiner Erklärung, es ginge auch ohne die Bilateralen.
Daniel Jositsch ist Nationalrat und Strafrechtsprofessor. Er scheut sich nicht, auch Positionen zu präsentieren, die in der SP nicht zum Courant Normal gehören, etwa die Forderung nach mehr Härte bei straffälligen Jugendlichen. Das dürfte ihm im bürgerlichen Kanton Zürich ebenso zu Gute kommen wie seine mediale Omnipräsenz.
Martin Bäumle (GLP) hat bloss Aussenseiterchancen. Zwar ist der GLP-Präsident bekannt und sitzt im Nationalrat sowie im Stadtrat von Dübendorf. Die Wählerschaft der GLP ist als Basis aber zu klein. Bäumle ist kein Sympathieträger und seine pointiert bürgerlichen Positionen in Wirtschaftsfragen sowie die Listenverbindung mit dem Antiausländer-Grüppchen Ecopop dürften manche Linke davon abhalten, ihn zu wählen.
Die restlichen Kandidaturen dienen der Wahlwerbung:
Bastien Girod gehört zum technokratischen Flügel der Grünen und ist oft in Peoples-Magazinen.
Barbara Schmid-Federer ist Nationalrätin, politisiert auf dem urbanen Flügel der CVP und bezeichnet sich als sozialliberal.
David Herzog ist Aktuar der Partei, aus Winterthur und politisch ein unbeschriebenes Blatt.
Im ersten Wahlgang braucht es eine Mehrheit aller Stimmenden. Deshalb wird es zu einem zweiten Wahlgang kommen, in dem gewinnt, wer am meisten Stimmen hat. Interessant ist, ob Ruedi Noser (FDP) schon im ersten Wahlgang durchkommt. Tut er das, dann stellt sich die Frage, ob Martin Bäumle (GLP) oder Jositsch (SP) besser geeignet ist, den SVP-Kandidaten Vogt zu verhindern. Interessant ist auch die Frage, ob FDP und SVP zusammenspannen würden, wenn Noser im ersten Wahlgang kein absolutes Mehr erreicht. Das würde dafür sprechen, Noser im ersten Wahlgang zu unterstützen. Wir glauben: Wer auf Nummer sicher gehen will, wählt schon im ersten Wahlgang Noser und Jositsch. Allerdings: Bei einer Ersatzwahl in den Regierungsrat verlor Jositsch gegen einen wenig bekannten SVP-Mann. Zugute kommen dürfte ihm diesmal, dass SVP-Vogt zum radikalen Flügel seiner Partei gehört.
Man kann natürlich auch einen genehmen Aussenseiter-Kandidaten wählen und erst im zweiten Wahlkampf “vernünftig” stimmen.
Eine (und nur eine!) der folgenden Listen auswählen und ins Wahlcouvert stecken:
Nur diese Listen kommen für urbane Wähler in Frage. Die anderen sind entweder stockkonservativ, chancenlose Aussenseiter oder Marketinggags der grossen Parteien. Da aber fast alle durch Listenverbindungen verbunden sind, kann man selbst die Piraten (verbunden mit der GLP) oder die Kulturliste (verbunden mit der Linken) wählen, wobei derlei Symbolpolitik herzlich wenig bringt und man lieber Kandidierende wählt, die einen dann tatsächlich vertreten können.
Die SP politisiert brav links, gewerkschaftsnah und ökologisch.
Die Zürcher Delegation steht wirtschaftlich rechts und ist gesellschaftspolitisch aufgeschlossen. Ein massives Zulegen der FDP dürfte der SVP einen zweiten Sitz im Bundesrat bescheren.
Die GLP ist ökologisch, gesellschaftspolitisch offen, wirtschaftsfreundlich und finanzpolitisch konservativ. Dabei ist sie öfters auch einmal rechts von der FDP. Die GLP hat nicht erklärt, ob sie für einen zweiten SVP-Sitz stimmen wird oder nicht.
Die Grünen politisieren konsequent links und ökologisch, haben ein Gespür für Grundrechtsfragen und wenig Gehör für die Bedürfnisse der Wirtschaft.
Die grösste Leistung der SVP-Abspaltung BDP ist ihre Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Die Partei hat einen offenen und modern gesinnten Parteipräsidenten, die beiden Zürcher Nationalräte sind aber wenig aufgefallen.
Die CVP positioniert sich als Mittepartei mit Schwankungen nach rechts und links. Zurzeit neigt sich die CVP in Bern wieder stärker nach rechts, der Fraktionspräsident will gar einen zweiten SVP-Sitz. Die beiden Wiederkandidierenden aus Zürich gehören aber zum sozial-liberalen Flügel.
Die AL ist konsequent und immer links und verspürt Aufwind, seit sie in Zürich einen Stadtratssitz erobert hat. Es ist daher nicht unmöglich, dass ihr Spitzenkandidat Markus Bischoff (19.011), ein Anwalt der auch bei Gegnern hohen Respekt geniesst, einen Sitz holen könnte.
Politisch interessant sind selten Listen, sondern konkrete Köpfe. Allerdings nur, wenn sie tatsächlich gewählt werden können, d.h. einigermassen realistische Wahlchancen haben. Einfluss nehmen kann man, indem man die Listen verändert. Dabei gibt es zwei Wege:
Achtung: Neben dem Namen der Kandidaten die Zahl, die links von ihm steht, dazuschreiben.
Es gibt zwei Gründe, eine Liste zu ändern. Man nimmt einen Kandidaten mit guten Chancen und hofft, dass er auf Kosten eines anderen Kandidaten in den Rat kommt. Oder man wählt jemanden, damit er oder sie das nächste Mal einen sicheren Listenplatz erhält.
Die SP wird sicher ihre sieben Sitze halten. Aufgefallen ist in der vergangen Legislatur Jacqueline Badran, die in Bern mit ebenso viel Furor wie im Zürcher Rat politisiert. Wird der bisherige Jositsch Ständerat, dann gibt es zwei neue SP-Räte. Wir empfehlen die gewitzte, urbane PS-Chefredaktorin und Gemeinderatsfraktionschefin Min Li Marti (02.089) sowie den gewieften Diplomaten Tim Guldimann (02.100) zweimal auf die Liste zu schreiben.
Die FDP ist im Aufwind und wird mit Sicherheit wieder vier Sitze machen. Wer FDP wählt, sollte zweimal die Handelskammer-Direktorin Regine Sauter (03.050) auf die Liste schreiben und dafür Bigler (03.069) streichen, der sich mit einer verlogenen, unappetitlichen Anti-SRG-Kampagne in Szene setzte und sich im Umfeld der ICF bewegt, einer konservativen Freikirche mit sektiererischen Zügen. Allerdings hat Bigler eine gute Chance, weil die FDP einen fünften Sitz machen könnte.
Die GLP ist ökologisch, wirtschaftsfreundlich und in gesellschaftlichen Fragen progressiv. Wie vor vier Jahren können wir zur Zürcher Fraktion festhalten: Ausser dem Gründer Martin Bäumle (06.017) war im Nationalrat von der GLP wenig zu hören. Wem eine linksliberale Partei fehlt, Bäumle aber im Habitus zu nahe an der SVP ist, kann symbolisch den sehr viel urbaneren, aber chancenlosen GLP-Gemeinderat Samuel Dubno ein zweites Mal auf die Liste setzen und dafür vorne einen Namen wegstreichen.
Alle Umfragen prophezeien den Grünen, dass sie einen ihrer drei Sitze verlieren könnten. Umso frivoler, dass sie eine unbekannte Frau auf den ersten Platz setzen. Wir empfehlen, dass man die 20-jährige Spitzenkandidatin Elena Marti (05.010) oder sonst jemand streicht und ein zweites Mal den brillanten Fraktionschef Balthasar Glättli (05.045) auf die Liste schreibt.
Die grösste Leistung der SVP-Abspaltung BDP ist ihre Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Die Partei hat einen offenen und modern gesinnten Parteipräsidenten, die beiden Zürcher Nationalräte sind aber wenig aufgefallen.
Obwohl die CVP in Zürich nach rechts gerückt ist und im Nationalrat künftig der rechte Flügel mit Pfister und Lombardi das Sagen haben wird, stehen die beiden Wiederkandidierenden Kathy Riklin (07.013) und Barbara Schmid-Federer (07.021) für eine moderne, familienorientierte und urbane CVP, die keine Angst vor Homosexuellen hat und auch nicht als Steigbügelhalter der SVP fungiert.
Die AL ist die einzige nicht im Parlament vertretene Partei mit Chancen auf einen Sitz. Die AL überraschte schon alle, als ihr Kandidat Wolff sich gegen einen FDP-Kandidaten für den Zürcher Stadtrat durchsetzte. Ihr Kandidat Markus Bischoff (19.011), ein Anwalt und Kantonsrat, der sich für die Grundrechte des Bürgers einsetzt und Respekt weit über das eigene Lager hinaus geniesst, könnte allenfalls einen Sitz machen. Wer daran glaubt oder darauf hofft, sollte eine unveränderte AL-Liste einwerfen.
Ausgangsliste sind die Grünen, die SP oder die AL. Wer an die AL glaubt, wählt nur AL. Wer die Grünen oder die SP favorisiert, streicht bis sechs Namen und hat dafür je zweimal von der SP Tim Guldimann (02.100) und Min Li Marti (02.089) sowie Balthasar Glättli (05.045) von den Grünen auf der Liste. Dass die zwei letzteren ein Paar sind, spricht nicht gegen, sondern für ihre Wahl, weil der Dialog zwischen den beiden linken Parteien schon wohnsitzmässig sichergestellt wäre.
Ausgangsliste ist die Liste 2 FDP, die Liste 4 GLP, die Liste 6 BDP oder die Liste 7 CVP. Wichtig: Bei FDP und GLP ist unklar, ob sie einen zweiten SVP-Kandidaten portieren. BDP und die beiden Zürcher CVP-Kandidatinnen sind in der Frage klar gegen die SVP. Will man die FDP Liste, streicht man Bigler (03.069) und setzt dafür Regine Sauter (03.050) ein. Will man die GLP-Liste, kann man symbolisch einen Namen vorne streichen und dafür einen Urbanen wie Samuel Dubno verdoppeln, wobei man beim Symbolischen bleibt. Man kann aber auch beides tun, nämlich auf der GLP Liste vorne drei streichen und dafür zweimal Dubno aus symbolischen Gründen und zweimal Sauter zur Verhinderung von Bigler reinschreiben. Das gilt auch für die Listen von CVP und BDP, wobei es da in der Reihenfolge nichts zu verändern gilt.
Irgendeine Liste nehmen, die einem gefällt. Und dann geht es darum, dass man bei möglichst vielen Listen gegen die Parteiauswahl Kandidaten nach vorne und nach hinten schiebt:
Also streicht man und hat dafür zweimal drauf:
Ausserdem nach Gusto auch noch:
Bei Smartvote kann man einen politischen Fragebogen ausfüllen und beantworten und erhält dann passende Kandidaten. Das Problem: Oft haben die vorgeschlagenen Kandidaten keine Chance. Man wirft also seine Stimme weg. Oder man wählt z.B. einen liberalen Freisinnigen von hinten auf der Liste und stärkt damit einen Stahlhelm-Freisinnigen. Gut ist Smartvote, wenn man mehr über die Antworten zu konkreten Fragen einzelner Politiker erfahren will, deshalb haben wir überall Direkt-Links zu den Politiker-Profilen hinterlegt.
In den letzten vier Jahren wurde die Schweiz von einem mehrheitlich bürgerlichen Parlament und einem mehrheitlich bürgerlichen Bundesrat geführt, der moderat politisiert und in diversen Dossiers Reformen vorantreibt, die vielen auf der Rechten zu weit gehen. Alain Berset (SP) schmiedete eine AHV-Revision, die endlich Chancen auf einen Mehrheit hat. Doris Leuthardt gleiste nach Fukushima die Energiewende auf. Eveline Widmer-Schlumpf arbeitet an einem Bankenplatz fürs 21. Jahrhundert. Weil Widmer-Schlumpfs Partei, die SVP-Abspaltung BDP, kaum Sitze hat, gibt es viel Druck von rechts, sie durch einen SVP-Mann zu ersetzen. Dann hätten FDP und SVP mit vier Bundesräten die Mehrheit: Die Energiewende und diverse andere Reformen wären hinfällig. Man weiss jetzt schon: Die Ökoparteien GLP und die Grünen werden Sitze verlieren, die FDP dazugewinnen. Das heisst: Wer FDP wählt, wählt auch eine Wende der gesamten Schweizer Politik nach rechts und Richtung mehr SVP. Das Gleiche gilt für einen Teil der CVP, die mit ihren neuen Leadern Pfister und Lombardi nach rechts rückt. Wer keine grosse Wende, aber bürgerlich wählen will, wählt deshalb Widmer-Schlumpfs BDP. Oder —je nach Kanton— die CVP. Wankelmütig ist die GLP, die zwar wegen der Energiewende gegen einen Rechtsrutsch sein müsse, deren Boss Bäumle sich aber immer wieder für die arithmetische Konkordanz ausgesprochen hat.
Arithmetische Konkordanz bedeutet, dass der Bundesrat gemäss der Wählerstärke der Parteien zusammengesetzt ist. Inhaltliche Konkordanz dagegen heisst, dass nur in den Bundesrat gewählt wird, wer sich an einen Minimalkonsens hält. So kam die SP historisch trotz grosser Wählerstärke erst in den Bundesrat als sie sich zur Armee bekannte. Und es ist nicht einzusehen, warum man der immer radikaleren SVP mit einem zweiten Sitz entgegenkommen soll. Dass sich die Partei dadurch nicht mässigt, hat das gescheiterte Experiment “Bundesrat Blocher” deutlich belegt.